Rundgang: Linz an der Tramway
Entlang der Linie 1 von Auhof bis zur Eisenbahnbrücke
Schon 1350 wurde der Hof zu Aw urkundlich erwähnt. Er befand sich im Besitz verschiedener Adelsgeschlechter und kam 1689 an die Starhemberger. Der Haupttrakt des Schlosses wurde im 16. Jahrhundert erbaut, Fassaden und Mansarddach stammen aus dem 18. Jahrhundert. 1961 verkauften die Starhemberger das Schloss und den 11.000 Quadratmeter großen, wegen seiner seltenen Bäume einst weithin bekannten Park an die Stadt Linz und das Land Oberösterreich zur Errichtung einer Hochschule. 1966 wurde die Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften eröffnet.
Sie ist nach dem bedeutenden Astronomen und Mathematiker Johannes Kepler, der 14 Jahre in Linz wirkte, aber wegen seines Glaubens – er war Protestant – schließlich die Stadt verlassen musste, benannt. Heute gliedert sich die Johannes Kepler Universität in drei Fakultäten: die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche, die juristische und die technisch-naturwissenschaftliche Fakultät. Inzwischen wurde die Universität mehrmals erweitert. Zur Zeit studieren zirka 15.000 Menschen an der Linzer Uni.
Direkt an der Endhaltestelle der Straßenbahn sieht man heute noch Häuser aus der NS-Zeit, die ursprünglich als Kasernen verwendet wurden. Hier bestand auch ein russisches Gefangenenlager, in dem bis zu 5.000 Menschen lebten. Sie mussten als Zwangsarbeiter in verschiedenen Linzer Betrieben arbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet als russischer Truppenübungsplatz verwendet. Jetzt steht hier das Schulzentrum Auhof, welches in den siebziger Jahren gebaut wurde. Ein Gymnasium, eine Handelsakademie, eine Handelsschule und eine Höhere Bundeslehranstalt befinden sich in diesem Gebäudekomplex, der zirka 2.000 Schüler aufnimmt. Auch die Linz International School Auhof (LISA), an der Englisch neben Deutsch eine gleichwertige Unterrichtssprache darstellt, ist hier untergebracht.
Wir fahren an der Kirche Hl. Geist und am Volkshaus Dornach, welches im Zuge der Stadtteilbelebung und der kulturellen Dezentralisierung in den achtziger Jahren gebaut wurde, eine gute Infrastruktur mit Geschäften, Apotheken, Ärzten, Kindergarten, Jugendklub, vielen Kinderspielplätzen und anderem einzurichten, sodass im Gegensatz zu anderen Stadtrandgebieten hier eine echte Wohn- und nicht eine Schlafsiedlung entstanden ist. Seit den frühen achtziger Jahren leben hier etwa 1.000 Menschen.
Weiter geht die Fahrt, und wir sehen zur Rechten am Berghang die kleine Kirche von St. Magdalena. Diese Ortschaft hieß ursprünglich Haselbach beziehungsweise Hasselnachkirchen nach dem Haselbach, der aus dem Haselgraben kommt und um 1500 mindesten fünf Mühlen antrieb. Auf den sonnigen Hängen wurde bis 1820 Wein angebaut. Durch den Bau der Pferdeeisenbahn nach Budweis und deren feierliche Eröffnung durch Kaiser Franz I. 1832 gewann St. Magdalena an Bedeutung. Es entwickelte sich bald zum beliebten Ausflugsziel für die Linzer und Urfahraner. Heute ist die Pferdeeisenbahnpromenade ein beliebter Spaziergang. Bis zum Revolutionsjahr 1848 war das Gebiet von St. Magdalena auf elf Grundherrschaften – unter anderem Riedegg, Steyregg, Nonnberg, Garsten – aufgeteilt. Von da an bis zur Eingemeindung im Jahr 1938 bildete der Ort zusammen mit Katzbach, Steg, Dornach und Furt eine eigene Gemeinde.
Auf der linken Seite der Straßenbahn befindet sich das Biesenfeld-Hallenbad. Während des Zweiten Weltkriegs befand sich südlich davon das Lager Schlantenfeld. In diesen Lagern, von denen heute nichts mehr zu sehen ist, lebten Intaliener, die Mussolini Hitler zur Verfügung gestellt hatten, sowie französische und tschechische Kriegsgefangene. Die meisten Linzer glauben, hier hätte es bis in die 60er Jahre unseres Jahrhunderts nur Felder und Wiesen gegeben.
Durch die Ferdinand Markl-Straße, die nach dem Urfahrer Bürgermeister benannt ist, fährt die Straßenbahn Richtung Leonfeldner Straße, die als Saumstraße durch den Haselgraben schon im Mittelalter Bedeutung hatte und während der NS-Zeit verbaut wurde. Linz hatte vor dem Zweiten Weltkrieg knapp 120.000 Einwohner. Nach nationalsozialistischen Vorstellungen sollte die Stadt für 300.000 bis 400.000 Menschen ausgebaut werden. Im Sog der Schwerindustrie zogen viele Arbeitskräfte nach Linz, und bald nach dem Anschluss kam es zu umfangreicher Wohnbautätigkeit.
Urfahr war wegen der gesunden klimatischen Lage eines der Zentren der NS-Wohnbautätigkeit. Es entstanden die Siedlungen Karlhof, Hartmaier, Rothenhof, Führersiedlung-Harbach und Auberg. Wegen der 1939 herrschenden Wohnungsnot wurde auf Führererlass vom 25.3.1939 die Stiftung Wohnungsbau Linz a. D. gegründet, für die außerordentliche Mittel zur Verfügung gestellt wurden.
Beiderseits der Leonfeldnerstraße zwischen Harbach und Obersteg stellte die Gemeinde Siedlungsgründe zur Verfügung. Die Planungsaufsicht führte Reichsbaurat Rodrich Fick, der auch die Brückenkopfgebäude auf dem Linzer Hauptplatz entworfen hatte. Diese Führersiedlung galt als Musteranlage des NS-Wohnbaus. Im Kulturbericht der Stadt Linz 1941 lobte man vor allem die Naturverbundenheit dieser Siedlung, die Achsenplanung sowie die monumentale Bauweise. Ursprünglich sollten hier 1.900 Wohnungen entstehen; allerdings wurde nur zirka die Hälfte fertiggestellt. Die Schul- und Parteibauten sowie eine Badeanlage und diverse Handwerksbetriebe kamen nie zur Ausführung. Gebaut wurden diese Häuser, die auch heute noch wegen ihrer Wohnqualität geschätzt werden, vor allem von Fremdarbeitern beziehungsweise Kriegsgefangenen, die großteils in den Lagern Schlantenfeld, Dornach und Auhof untergebracht waren und teilweise keinen Lohn für ihre Arbeit bekam. Als Baumaterial verwendete man unter anderem Granit aus Mauthausen und Schlackenziegel, die als Abfallprodukt in den Hermann Göring Werken von KZ-Häftlingen hergestellt wurden. Es ist bemerkenswert, dass viele dieser Gebäude in Form eines Vierkanthofes mit den Hauseingängen im Hof angelegt sind – einerseits, um die Form des typisch oberösterreichischen Bauernhofes aufzunehmen, andererseits, um dem Blockwart einen guten Überblick über das Kommen und Gehen zu verschaffen.