Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr
Neugasse bis Petrinum
Wir biegen nun in die Pfeifferstraße ein. Neben einem Jugendstilportal mit einem Schneckenreiter fällt in dieser Straße vor allem der Jungwirthhof auf. Der Jungwirthhof ist eines der ganz wenigen Beispiele sozialen Wohnbaus des roten Linz aus den zwanziger und dreißiger Jahren, das in Urfahr zu finden ist. Gegenüber in der Nißlstraße steht ein mehrstöckiger Komplex aus der NS-Zeit. Über die Bautätigkeit während der NS-Zeit in Linz und speziell in Urfahr ist mehr im Kapitel LINZ ENTLANG DER LINIE 1 zu finden.
Wir fahren nun zur Straße am Teich. Früher erstreckte sich nördlich der Rieseneder-Ziegelei auf dem Auberg noch das Gelände der Ziegelei Riedl. Diese wurde knapp nach dem ersten Weltkrieg stillgelegt, worauf man längs des durch den Lehmbau entstandenen Abhanges einige Fischteiche errichtete. Beim Bau der Nibelungenbrücke 1938 – 40 und der damit verbundenen Umgestaltung der Brückenköpfe wurde der Bauschutt der dort demolierten Häuser dazu verwendet, das Gelände dieser Ziegelei zu planieren und die Fischteiche zuzuschütten. Das auf diese Weise entstandene Bauland wurde ebenfalls verbaut. In den 60er gab es hier noch einen Schlittschuhteich. Heute gibt es auch wieder einen Teich, und zwar hat die Naturkundliche Station der Stadt Linz hier einen Modellteich angelegt, welcher sich in der Kurve dieses Straßenzuges befindet. Unmittelbar hinter diesem Modellteich sind noch gut die Abhänge des ehemaligen Lehmabbaus erkennbar, bzw. ist hier der Eingang zu einem Stollen. Während der NS-Zeit wurden in ganz Linz weit verbreitete Stollensysteme zum Schutz vor Luftangriffen für die Bevölkerung errichtet, bzw. wurden alle Eisstollen ausgebaut.
Über die Pichlierstraße kommen wir zum Riesenhof. Hier wurden 1884 die zum Haus gehörigen Teiche zur ersten Schwimmanstalt Urfahrs ausgebaut und 1890 wurde eine Wasserheilanstalt – übrigens die erste Kneippanstalt Österreichs – errichtet. Das Oberösterreich erwarb 1925 den Besitz und verwendete ihn lange als Säuglingsheim. Heut befindet sich im neu errichteten Zubau die Sozialakademie des Landes, der Altbau wird von einer landwirtschaftlichen Fachschule genutzt. Wir fahren nun durch die Wischerstraße zum Doppelbauerweg. Dieser Weg, der nach dem Erbauer des Petrinums, Bischof Doppelbauer, benannt ist, fällt durch seine überdimensionale Breite auf. Diese prachtvolle Allee sollte die Auffahrt zum Petrinum werden, doch nach dem Ende des ersten Weltkriegs war es nicht mehr möglich, die ehrgeizigen Pläne auszuführen.
Am Nordende dieser Straße stehen wir vor einer Schrebergartenanlage, die in er ehemaligen Lehmgrube einer Dampfziegelei angelegt wurde. Bischof Doppelbauer wollte ein repräsentatives Diözesanknabenseminar errichten, um hier Knaben auf den Beruf als Priester vorzubereiten. Ursprünglich wollte Bischof Doppelbauer die Anstalt auf den alten Bahnhofgründen der Pferdeeisenbahn, heute Hinsenkampplatz, errichten. Die Gemeindevertretung sprach sich aber gegen diese Platzwahl aus. Zufällig stand um diese Zeit der Leisenhof zum Verkauf. Der Platz schien ideale Voraussetzungen für eine Anstalt zu haben, zumal man auch einen Großteil des benötigten Baumaterials auf eigenem Grund gewinnen konnte. Die 60 Joch große Landwirtschaft war für die künftige Versorgung der Seminaristen mit Lebensmitteln geradezu ideal. So wurde 1894 das Leisengut samt den benachbarten Holzingergütern erworben.
Zur Sicherung der Wasserversorgung wurde außerdem das etwas weiter den Pöstlingberg hinauf gelegene Gepolzbergergut samt dem Befestigungsturm Nr. 20 angekauft. Der Bau selbst wurde 1895 begonnen und dauerte bis Ende 1897. In unmittelbarer Nähe des Bauplatzes errichtete man die schon erwähnte Ziegelei, und am Abhang des Pöstlingbergs wurden Steine und Sand gewonnen und auf einer ein Kilometer langen Rollbahn zur Baustelle befördert. Das Gebäude wurde als ein geschlossenes Viert von 95 zu 85 Metern Ausdehnung mit beinahe 1000 Fenstern konzipiert. Am 2. Oktober 1897 begann im fertiggestellten Bau der Unterricht mit insgesamt 330 Schülern. Im September 1914, also gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges, musste das Haus für ein Militär-Reservespital freigemacht werden. Die Schule wurde nach Gleink und Schlierbach gelegt. Ständig waren es nun zwischen 500 und 1000 verwundete Soldaten im Petrinum. Für die im Haus und in der Stadt Urfahr verstorbenen Krieger wurde am Waldrand bei der ersten Kreuzwegstation ein eigener, heute noch bestehender Soldatenfriedhof angelegt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Petrinum dann wieder als Schule verwendet. 1938 musste der Schulbetrieb neuerlich eingestellt werden. Das Gebäude wurde beschlagnahmt, um darin verschiedene Behörden unterzubringen. Zuerst nahm die Deutsche Wehrmacht unter dem Kommando der 45. Division das Haus in Besitz.
Ab 1940 fanden sich hier einige Ämter der Landesverwaltung, das Landesarbeitsamt und nationalsozialistische Dienststellen. Im Zuge des von Hitler geplanten Ausbaus von Linz sollte auf dem Gelände des Petrinums eine großzügig angelegte technische Hochschule errichtet werden. Doch gelangten diese Pläne nicht mehr zur Ausführung. Zu Jahresbeginn 1945 kam ein Kriegslazarett ins Gebäude und blieb vorerst auch bis Kriegsende dort. Als Urfahr Anfang August von den Russen besetzt wurde, mussten die Verwundeten – etwa 800 – innerhalb von drei Stunden das Haus verlassen, um der neuen Besatzungsmacht Platz zu machen. Diese blieb bis Ende Juni 1946. Der normale Schulbetrieb begann dann wieder im Oktober 1946, doch das Gebäude war noch nicht zur Gänze verfügbar. Ungefähr ein Viertel der Räume wurde von der Gendarmerie und von einigen Klassen der Volksschule Karlhof beansprucht. Erst 1961, als die Karlhofschule fertiggestellt war, war das Haus dann wieder völlig frei für die Petriner. Im Lauf der Zeit wurde das Petrinum in seiner Eigenschaft als Gymnasium mit Internat besonders von Schülern vom Land geschätzt und bevorzugt. Inzwischen besuchen auch viele Linzer Kinder das Gymnasium und seit einigen Jahren ist es auch für Mädchen möglich, diese Schule zu besuchen. Kurz erwähnt sei auch noch, dass das Gebiet um das Petrinum, vor allem die Rote Villa Ecke Teistlergutstraße/Knabenseminarstraße, im Februar 1934 heftig umkämpft war.