Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr
Obere Donaustraße bis Wildbergstraße
Wenn man auf dem Donauradweg von Ottensheim nach Linz fährt, kommt man zunächst durch die Unterführung in die Obere Donaustraße. Hier liegt Linz tatsächlich noch an der Donau, hier wirkt Linz sehr idyllisch. Man glaubt, in eine andere Zeit versetzt zu sein. Kleine Häuschen stehen neben modernen Bauten aus dem 20. Jahrhundert, idyllische Gärten wechseln mit einladenden Gasthöfen ab. Hier an der Donau war eines der ältesten Zentren von Urfahr.
Am Steinmetzplatz war vor allem das Kleingewerbe zuhause. So gab es in Urfahr ohne die anderen Konskriptionsortschaften im Jahr 1908 drei Milchhandlungen, 16 Bäckereien, 48 Flaschenbierhandlungen, 15 Fleischhauer, 33 Gasthöfe, 81 Gemischtwarenhandlungen und 39 Schuhmacher.
Wir fahren nun mit unseren Rädern weiter, lassen den Fitzcarraldo, ein beliebtes Ausflugsschiff, rechts liegen und fahren zunächst durch die Fischergasse zum Schiffmeisterhaus. Das Schiffmeisterhaus ist eines der schönsten erhaltenen Sgraffitohäuser, die es in Linz zu sehen gibt, und erinnert ab die Bedeutung der Schiffmeister, die die Überfuhr betrieben und somit eine geachtete Position hatten. Wir fahren nun wieder donauwärts, und zwar unter der Nibelungenbrücke durch zur Urfahrer Stadtpfarrkirche.
Diese wurde vor gut 300 Jahren als Kapuzinerkloster gegründet. Im Zuge der Josephinischen Reformen wurde dieses Kloster aufgehoben und zur Pfarrkirche umgewandelt. Im alten Teil des Pfarrhofes war auch lange Zeit die Schule untergebracht. Unter katastrophalen Bedingungen mussten damals 190 Kinder in der 1. Klasse den Platz miteinander teilen. Erst Adalbert Stifter erreichte in seiner Funktion als Schulinspektor ein Darlehen vom Land OÖ für den Bau eines eigenen Schulhauses. Von diesem Schulhaus steht nichts mehr, es fiel den modernen Umbauten am Urfahrer Brückenkopf zum Opfer.
Unterhalb der Kirche beginnt das Jahrmarktgelände. Der Platz, der die meiste Zeit des Jahres als Parkplatz verwendet wird, dient zweimal jährlich zur Abhaltung des berühmten Urfahrer Jahrmarktes.
Wir fahren nun die Wildbergstraße hinauf und sehen hier, Ecke Ferihumerstraße/Wildbergerstraße, die neu erbaute Siedlung auf dem Gelände der ehemaligen Hefefabrik Kirchmeir. Ursprünglich hatte der bürgerliche Schiffmeister, Brennholz- und Salzhändler Johann Michael Fink den Gstöttnerhof in Unterfelbern Nr. 3 in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts erworben. Fink errichtete hier eine Spiritus- und Presshefefabrik. Seine Erben verkauften die Anlagen an Josef Kirchmeir, der schon im Hörschingergut in der Freistädterstraße Nr. 8 mit drei oder vier Arbeitern eine kleine Branntweinbrennerei betrieben hatten. Mitte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts erzeugten 24 Beschäftigte, ausschließlich Männer, knapp 3.000 hl Spiritus und fast 90.000 kg Hefe. Schon damals standen moderne Maschinen, darunter 4 Dampfkessel und 6 Dampfpumpen zur Verfügung. Zwei Dampfmaschinen, die zusammen 20 PS Leistung erbrachten, verbrauchten jährlich rund 1320 t Kohle.
Nach dem Tod Josef Kirchmeirs 1891 erwarben Ludwig Ritter von Piccioni und Heinrich Mostny sämtliche zur Fabriksanlage zählenden Grundstücke. Der Betrieb wurde erweitert und ausgebaut. Mitte der neunziger Jahre reihte man Kirchmeir & Sohn mit einer Jahresproduktion von 5186 Hektoliter Alkohol als achtgrößten Betrieb innerhalb der gesamten Monarchie. Diese Erweiterung ist im Zusammenhang der Fusionierung mit dem Betrieb der Gebrüder Feigl, die ihren Betrieb in der Rudolfstraße wegen Bürgerprotesten aufgeben mussten, zu sehen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Urfahr zu einem Zentrum jüdischer Branntweinproduktion.
Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich der größte Teil der Branntweinbrennerei im Besitz und im Betrieb des herrschaftlichen Grundbesitzes. Die Tätigkeit übten fast ausschließlich jüdische Gewerbetreibende aus, da es Christen lange Zeit verboten war, diese teuflischen Getränke herzustellen. Die Pächter waren außerdem überwiegend Juden, weil die bäuerliche Bevölkerung den zumeist hohen Pachtzins nicht bezahlen konnte. Unmittelbar nach der Kundmachung der neuen Verfassung im Jahre 1849, die unter anderem jedermann die Freizügigkeit der Person, den Erwerb von Liegenschaften und die Ausübung jedes gesetzlich erlaubten Erwerbszweiges gewährte, setzte eine jüdische Binnenwanderung von den alten, überwiegend nach den stärker industrialisierten deutschsprachigen Regionen im Westen und im Donauraum ein.
Zu den ersten Einwanderern zählte der spätere Bethausvorstand Moises Feigl. Er erwarb zunächst das Haus Ecke Kreuzstraße/Ottensheimerstraße, um hier eine Spirituserzeugung unterzubringen. Später übersiedelte er in die Rudolfstraße, doch auch hier – mitten im dicht verbauten Gebiet – musste er wegen immer stärker werdender Anrainerproteste abwandern. Doch Moises Feigl war nicht der einzige, es folgten Israel Veit-Fürth, später auch Leopold Mostny, Michael Fink und Comp., Löw&Adler, Gustav Töpfer, Moritz und Bernhard Taussig in Urfahr sowie Hahn&Kajka, Wilhelm Kantorek, Bernhard Kesselflicker in Linz. Sie waren die bekanntesten jüdischen Spirituosenhersteller.