Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Wildbergstraße bis Bernaschekplatz

Wir fahren die Wildbergstraße entlang. Wir zweigen links in die Reindlstraße ab, vorher werfen wir aber noch einen kurzen Blick auf das aus der Linzer Musikschule hervorgegangene Brucknerkonservatorium das Landes Oberösterreich. 1868-70 wurde der Neubau nach den Plänen von Heinz Hattinger hier geschaffen. Vor dem Gebäude fällt der Springbrunnen (wird momentan restauriert) von Helmut Gsöllpointner aus dem Jahre 1969 ins Auge. Das Brucknerkonservatorium stellt ein wichtiges Element des Musiklebens in Oberösterreich dar.

In der Reindlstraße kommen wir nun zur Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung. Ein Teil dieser Hochschule ist in den Gebäuden der ehemaligen Ringbrotwerke untergebracht. Die Ringbrotwerke wurden 1917 von den zwei Urfahrer Bäckern Alois Neuhause und Franz Obermeyr gegründet. Bereits im Jahr 1920 wurden hier industriell 11.000 Laibe Brot täglich erzeugt.
Der Standort wurde damals vor allem auch deswegen gewählt, weil hier ein unmittelbarer Anschluss an die Mühlkreisbahn möglich war und somit Transportkosten gespart werden konnten. An die Brotherstellung erinnern nur mehr die zwei monumentalen Figuren auf dem Sims, die einen Brotlaib rollen.

Wenn wir nach rechts blicken, sehen wir das Lentia 2000. Es überragt ganz Urfahr und ganz Linz. Dieser Hochhauskomplex, der in den siebziger Jahren entstanden ist, entsprach den damaligen Vorstellungen von moderner Architektur. Inzwischen ist das Haus sanierungsbedürftig und es gibt große Schwierigkeiten zwischen Mietern, Besitzern und Wohnungsgesellschaft.

Wir verweilen noch kurz an der Ecke Reindlstraße/Gerstnerstraße und lassen unseren Blick über den alten Häuserbestand schweifen. Etwa um die Jahrhundertwende entstanden hier eine Reihe von Häusern für Bürger und Beamte. In ihrer Architektur und ihrem Stil unterscheiden sie sich ganz deutlich von den kleinen Handwerkhäusern, die es, wie anfangs erwähnt, an der Donau noch zu sehen gibt.

Wir fahren nun die Gerstnerstraße entlang Richtung Ferihumerstraße und kommen zum Bezirksgericht Urfahr. Dieses wurde 1909 nach Abbruch des schräg über den Hinsenkampplatz stehenden ehemaligen Stationsgebäudes der Pferdeeisenbahn bzw. – von 1880 bis 1897 – der Pferdetramway-Remise in den Formen der Neo-Renaissance errichtet. Mehr über die Pferdeeisenbahn siehe unter dem Kapitel „Südbahnhof“.

Wir fahren nun weiter Richtung Rudolfstraße und kommen zum alten Urfahrer Rathaus. 1850/51 wurde es nach einem Entwurf von Josef Baumgartner errichtet. 1911/13 wurde es in Jugendstilformen durch Julius Schulte umgestaltet.

Auffallend am Urfahrer Rathaus ist vor allem auch das Stadtwappen zwei Männer in einem Boot, um an die Überfuhr zu erinnern. Noch einige Worte zur Rudolfstraße: Im Katasterplan von 1826 findet man die Rudolfstraße bereits eingezeichnet. Ausgebaut wurde sie allerdings erst 20 Jahre später. Sie soll ja für die zu eng gewordene Ottensheimerstraße als Entlastung- und Umfahrungsstraße dienen, weswegen sie folgerichtig auch Neue Ottensheimerstraße genannt wurde. Sie führte weitgehend durch unverbautes Gebiet, denn der Neubau des Urfahrer Rathauses war im Jahre 1850 noch das letzte Haus dieser Straße. Erst in den sechziger Jahren wurde sie vom Urfahrer Baumeister Alexander Zsolnay zwar etwas einförmig, doch recht zügig ausgebaut. Ihren jetzigen Namen bekam die Rudolfstraße 1875 nach Kronprinz Rudolf. Von 1921 bis 1934 hieß sie allerdings Karl-Marx-Straße.

Dem Rathaus gegenüber liegt der Bernaschekplatz. Dieser Platz spiegelt wie kein zweiter anhand seiner Namen die politischen Verhältnisse der letzten hundert Jahre wider. Bis 1875 hieß er Neuer Marktplatz. Anschließend wurde er nach Kronprinz Rudolf in Rudolfsplatz umbenannt. Diesen Namen behielt er bis 1921. Nun folgte der Name Weigunyplatz nach dem in Urfahr geborenen Sozialdemokraten. 1934 bis 38 hieß er Strahembergplatz, benannt nach dem Heimwehrführer. Mit dem neuerlichem Wechsel der politischen Verhältnisse gab es wieder einen neuen Namen: Franz-Foisner-Platz nach dem 1936 erschossenen Nationalsozialisten. Seit 1945 gilt nun der Name Bernaschekplatz, benannt nach Richard Bernaschek, der im Februar 1934 das Signal zum Februaraufstand der Sozialdemokraten gegeben hatte. Richard Bernaschek wurde 1945 im KZ-Mauthausen hingerichtet. Aus diesem Grund wurde auch das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Süden des Platzes im Bedenkjahr 1988 aufgestellt.

Im Südosten des Platzes steht das Verwaltungsgebäude der Großbrennerei, Rum- und Likörfabrik Spitz. Diese wurde 1857 vom Rohproduktenhändler Salomon Spitz aus Rosenberg in Böhmen gegründet. Der Betrieb wurde ebenso wie die anderen jüdischen Spirituosenfabriken enteignet und arisiert. 1952 erhielt die Familie Spitz ihr Eigentum zurück. Die Firma Spitz ist auch heute noch für ihre Produkte wie Säfte, Liköre und Senf bekannt. Der Jahresumsatz liegt bei eineinhalb Milliarden Schilling, die Erzeugung findet allerdings nicht mehr in Linz, sondern seit den fünfziger Jahren in Attnang-Puchheim statt.