Historische Rundfahrt durch Urfahr

Linzer Straße bis Wolfauerstraße

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Linzer Straße bis Wolfauerstraße

Wenn wir die Linzer Straße weiterfahren, entdecken wir etliche Trockenböden. An manchen Häusern sind heute noch unterhalb des Dachstuhls luftdurchlässige Lattenverschläge zu erkennen. Durch den ständigen Luftzug konnte die Wäsche schneller trocknen.

In den zwanziger Jahren entwickelte sich Steg zu einem Zentrum der Wäschereien. Für die industrielle Nutzung waren die Bäche vielfach ungeeignet, da sie nicht ständig über genügend große Wassermassen verfügten. Das weiche Wasser aus dem Mühlviertel eignete sich aber hervorragend als Waschwasser. So sind in der Höllmühlbachstraße und am Haselbach einige Trockenböden zu erkennen. In den zwanziger Jahren erhielt Steg den Beinamen „das Wäscherdorf von Linz“.

Wir radeln durch die Griesmayrstraße zur Pulvermühlstraße. Dieser Straßenname erinnert noch daran, dass es hier einst eine Pulvermühle gab. Am Höllmühlbach stand eine Papiermühle, in der unter anderem 1823 umfangreiche Bestände des Archivs der Stadt Linz eingestampft wurden. 1908 brannte die Papiermühle ab. Sie wurde nicht wiederhergestellt. Ende der zwanziger Jahre errichtete schließlich Karl Wozabal an ihrer Stelle einen Färbereibetrieb, der noch heute – mittlerweile zu einer chemischen Großreinigung erweitert – den Bach als Betriebswasser benutzt. Dieser Betrieb liegt an der Freistädter Straße bei der Abzweigung der Pulervermühlstraße.

Wir überqueren die Dornacher Straße und fahren die Jägerstätterstraße entlang bis zur Kirchmühlstraße. Hier entdecken wir einerseits wieder Trockenböden von noch bestehenden Wäschereien, andererseits sehen wir rechter Hand die Kirchmühlsäge, samt dem Wehrgang, der aus dem Haselbach abgeleitet wurde und das Wasserrad betreibt. Es empfiehlt sich ein Abstecher nach St. Magdalena. Sportliche können die Magdalenastraße hinauf zur Kirche und zur Pferdebahnpromenade radeln, weniger Sportliche lassen ihre Räder in der Wolfauerstraße stehen und benützen die Stiege. St. Magdalena und Steg wurden erst 1938 eingemeindet. Vorher war St. Magdalena ein kleines Bauerndorf. In den zwanziger Jahren gab es Überlegungen, den Steg den Linzern zu „schenken“, den Steg hatte sich zu einem roten Arbeiterdorf entwickelt und die schwarzen Bauern von Magdalena fürchteten einerseits, die Arbeiter womöglich erhalten zu müssen und dadurch überfordert zu werden, andererseits fürchteten sie um die politische Macht.

Die Pferdebahnpromenade ist ein Teil der Trasse der Pferdeeisenbahn Linz – Budweis. Bereits im Mittelalter gab es immer wieder Pläne, einen Moldau-Donau-Kanal zu errichten. Als dieses Vorhaben im Jahre 1807 wieder einmal in ein konkretes Stadium trat, schlug der Direktor des Prager Polytechnischen Instituts, Franz Josef von Gerstner, nach eingehenden topographischen Studien vor, eine Pferdeeisenbahn, wie sie bisher nur aus England bekannt war, zu bauen. Nach dem Wiener Kongress wurde das Projekt wieder aufgenommen und Gerstners Sohn Franz Anton damit betraut. Er erhielt nach einer Englandreise im Jahre 1824 das entscheidende Privileg zum Bau der K.k. Privaten Ersten Eisenbahngesellschaft. Im Jahr 1832 erreichte diese erste Pferdeeisenbahn des europäischen Kontinents Linz.

Gerstner, der inzwischen auch die Dampflokomotive in England kennengelernt hatte, die nach dem Innviertler Bauer Franz Jägerstätter benannt wurde, der 1943 als Wehrdienstverweigerer hingerichtet wurde, wollte seine Bahn auch für diese Technik konstruieren.

Damit verbundenen Kostenerhöhungen erschöpften aber rasch die Kassen der Gesellschaft. Nach vielfältigem Widerstand gegen sein Pläne resignierte Gerstner. Die weitere billigere Bauausführung mit großen Steigerungen und engen Kurvenradien im südlichen Streckenabschnitt bis Linz unter der Leitung von Matthias Schönerer verhinderte Jahrzehnte später eine Umstellung auf Dampfbetrieb.

Weit problemloser verlief 1834 bis 36 die Fortsetzung der Pferdeeisenbahn von Linz nach Gmunden. Dieser Abschnitt konnte schon 1855 auf Dampfbetrieb umgestellt werden. Die ganze Pferdeeisenbahn hatte damit eine Länge von 197 Kilometern erreicht. Ausschlaggebend für den Bau der Pferdeeisenbahn war der Transport des Salzes aus dem Salzkammergut, das bis dahin auf der Traun nach Linz Zizlau kam einerseits auf der Donau nach Niederösterreich und Mähren, andererseits auf den Landweg über Freistadt nach Böhmen gebracht wurde. Salz deckte etwa die Hälfte des Frachtaufkommens der Pferdeeisenbahn. Die zweite Hälfte verteilte sich auf Getreide, Eisen, Stein- und Braunkohle, Torf und Holz. Der jeweils von April bis Oktober eingerichtete Personenverkehr erlangte auf der Strecke Linz – Gmunden Bedeutung. Schon damals führen viele Touristen ins Salzkammergut. Für die Abwicklung des Verkehrs standen 800 Pferde, 762 Güter- und 59 Personenwagen zur Verfügung. Die aus Budweis kommende Bahn endete am Stationsplatz in Urfahr. Von hier aus führte ein Verbindungsgleis über die Donaubrücke in mehrere Gleise.

Wenn man von hier nach Süden blickt, sieht man die Feuerwache Nord und das Biesenfeldbad. Während der NS-Zeit standen südlich des Biesenfeldbades große städtische Arbeitslager.

Wir fahren nun die Wolfauerstraße Richtung Universität.

Nun ist es möglich, wieder nach Urfahr zurück zu fahren, oder zum Pleschingersee und den Donauradwanderweg fortzusetzen.

Petrinum bis Linzer Straße

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Petrinum bis Linzer Straße

Wir fahren nun die Knabenseminarstraße Richtung Freistädterstraße und kommen somit durch das Gelände der ältesten Ziegelei von Urfahr. Schon 1669 wurde die Greinerhofziegelei als Ziegellieferant für den Bau der Jesuitenkirchen in der Linzer Domgasse erwähnt. Das Ziegelmeisterhaus steht noch heute am Ende der Hauptstraße mit der alten Bezeichnung Pflaster 1, nunmehr Freistädterstraße 2. Im Haus ist unter anderen auch der Hofermarkt eingemietet. Das Betriebsgebäude samt Lehmgrube befand sich ursprünglich weiter oben in der Knabenseminarstraße, ungefähr dort, wo die Hörschingergutsstraße abzweigt. Im 19. Jahrhundert wurde der Betrieb weiter nach Westen in die Wischerstraße verlegt und der Lehm in Richtung zum Petrinum abgebaut. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Betrieb eingestellt und im südlichen Teil des Geländes die Wischerstraße durchtrassiert. Das restliche Areal wird heute durch die Greinerhofstraße aufgeschlossen. Der aufmerksame Betrachter erkennt sofort die Böschungen der ehemaligen Lehmgrube. Der Grund für die Betriebseinstellung war hier wie auch bei den übrigen Ziegeleigen, dass das Lehmvorkommen bis zur Grundgrenze abgebaut war.

Wir fahren nun die Freistädterstraße entlang. Ecke Wildbergstraße/Freistädterstraße steht die Friedenskirche. Diese Kirche wurde in den dreißiger Jahren von Peter Behrens und Alexander Popp, den berühmten zwei Architekten, die auch die Tabakfabrik entworfen hatten, konzipiert. Der Bau wurde allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg vollendet und zwar in stark abgewandelter Form. Im Inneren der Kirche befindet sich ein Christus-König-Fresko von Max Weiler befindet. IN den letzten Jahren ist dieser Platz völlig neu gestaltet worden, um die Elemente von Alexander Popp und Peter Behrens wieder stärker zur Gestaltung zu bringen.

Wir fahren die Freistädterstraße weiter, links und rechts von uns befinden sich NS-Wohnsiedlungen. Näheres dazu siehe „Linie 1“.

In der Linken Brückenstraße biegen wir nach rechts ab Richtung Eisenbahnbrücke. Erst durch den Bau der Eisenbahnbrücke 1898 bis 1900 bekam die Mühlkreisautobahn Anschluss an das übrige Bahnnetz. Somit gelangte sie zu überregionaler Bedeutung. Die 361 Meter lange Fachwerkspannbrücke mit zwei Strompfeilern und drei Gitterträgern entwarf das Wiener Brückenbauunternehmen Emil Gärtner. Die Eisenkonstruktionen lieferten die Österreichisch Alpine-Montan Gesellschaft und die Prager Brückenbauanstalt. Fahrbahn und Gehsteige montierte der Wiener k.k. Kunstschlosser Anton Biro. Diese Brücke war im Februar 1934 Schauplatz des Bürgerkriegs umkämpft. Auf der Urfahranerseite befand sich der Schutzbund, auf der Linzer Seite das Bundesheer. Hier kam es zu einem besonders tragischen Zwischenfall, als ein Schutzbündler, der gerade beim Bundesheer war, zu seinen Gesinnungsgenossen robben wollte, wurde er von diesen nicht erkannt und von seinen Freunden erschossen. Eine Gedenktafel auf der Brücke erinnert heute noch an diesen Zwischenfall.

Vor der Brücke fahren wir Richtung Plesching, wir bleiben auf der Dammkrone. Dieser Hochwasserdamm wurde nach der Katastrophe von 1954 errichtet. Bereits Anfang Juli hatte es ergiebige Regenfälle gegeben und die Donau war erstmals stark angeschwollen. Am 7. Juli setzten abermals heftige Regenfälle ein. Die Donau stieg weiter an, und am 11.- Juli erreichte sie mit 9,62 Meter den Pegelhöchststand; das war 4 Meter über dem Normalwasserstand. Ein größeres Hochwasser hatte es im Verlauf der Linzer Geschichte nur im Jahre 1501 gegeben. Was sich in Zahlen so nüchtern ausdrückt, bedeutete in der Realität eine absolute Katastrophe. Ein Viertel des Stadtgebietes war überflutet worden. 8000 Menschen hatten ihre Wohnungen verloren, die Hälfte von ihnen für immer. Vor allem die Heilhamersiedlung östlich der Eisenbahnbrücke brach wie ein Kartenhaus zusammen. Die Bewohner dieser Siedlung konnten später in die von Schweden gespendeten Holzhäuser am Fuße des Gründbergs übersiedeln. Der Schaden betrug nach heutigen Maßstäben Milliarden. Nach dieser Katastrophe wurde beiderseits der Donau der Damm erbaut. In der Schleife der Autobahnbrücke sehen wir einen noch erhaltenen Turm der Schleife der Autobahnbrücke sehen wir einen noch erhaltenen Turm der maximilianischen Befestigungsanlage.

Nach den napoleonischen Feldzügen von 1800, 1805 und 1809, bei welchen Linz und Urfahr jedes Mal stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, erwog Erzherzog Maximilian von Este um 1830 auf die Idee, die Stadt durch eine Befestigungsanlage sichern zu lassen. Das die gesamte Stadt umfassende konzentrische Wehrsystem umfasste 27 Normal- und 5 Segmenttürme sowie das Fort am Pöstlingberg. Die Außenmauern dieser Türme bestanden aus Naturstein, für die Zwischenmauern wurden jedoch Ziegel verwendet. Insgesamt wurden 12 Steinbrüche, mehrere Sandgruben und 14 Ziegelbrennereien neu eröffnet. Die Ziegelerzeugung übertrug man dem Unternehmer Grohe, der aus 14 Betrieben mit rund 200 Beschäftigten bis 1832 ca. 10,4 Millionen Ziegel lieferte. Neben Holz kam beim Ziegelbrennen auch Braunkohle aus dem Wolfsegg Trauntalrevier zur Anwendung. Der Bau der Befestigungsanlagen hatte für wenige Jahre rund 3000 Arbeiter und Arbeiterinnen, vor allem aus Böhmen, aber auch aus Italien, in und um Linz konzentriert. Die von Beginn an unrealistische und unzeitgemäße Anlage des verschanzten Lagers von Linz wurde bereits 1858 offiziell aufgelassen. In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden zwar einige Türme noch zur Internierung von türkischen Gefangenen benutzt, doch bald begann man, die Türme zu verkaufen, natürlich kaum um ein Hundertstel dessen, was sie seinerzeit gekostet hatten.

Wo der Diesenleitenbach zum Entlastungsgerinnen wird, biegen wir in die Linzer Straße ab. Seit dem Dammbau ist eine direkte Mündung der aus dem Mühlviertel kommenden Bäche in die Linzer Donau nicht mehr möglich. Links der Linzer Straße sehen wir das Stadtwäldchen mit dem Urnenfriedhof. Mitten im Urnenhein befindet sich die Feuerhalle, die 1928/29 von Julius Schulte und seinen Schülern Hans Arndt und Paul Theer entworfen wurde. Sie ist ein Beispiel expressionistischer Baukunst in Linz.

Neugasse bis Petrinum

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Neugasse bis Petrinum

Wir biegen nun in die Pfeifferstraße ein. Neben einem Jugendstilportal mit einem Schneckenreiter fällt in dieser Straße vor allem der Jungwirthhof auf. Der Jungwirthhof ist eines der ganz wenigen Beispiele sozialen Wohnbaus des roten Linz aus den zwanziger und dreißiger Jahren, das in Urfahr zu finden ist. Gegenüber in der Nißlstraße steht ein mehrstöckiger Komplex aus der NS-Zeit. Über die Bautätigkeit während der NS-Zeit in Linz und speziell in Urfahr ist mehr im Kapitel LINZ ENTLANG DER LINIE 1 zu finden.

Wir fahren nun zur Straße am Teich. Früher erstreckte sich nördlich der Rieseneder-Ziegelei auf dem Auberg noch das Gelände der Ziegelei Riedl. Diese wurde knapp nach dem ersten Weltkrieg stillgelegt, worauf man längs des durch den Lehmbau entstandenen Abhanges einige Fischteiche errichtete. Beim Bau der Nibelungenbrücke 1938 – 40 und der damit verbundenen Umgestaltung der Brückenköpfe wurde der Bauschutt der dort demolierten Häuser dazu verwendet, das Gelände dieser Ziegelei zu planieren und die Fischteiche zuzuschütten. Das auf diese Weise entstandene Bauland wurde ebenfalls verbaut. In den 60er gab es hier noch einen Schlittschuhteich. Heute gibt es auch wieder einen Teich, und zwar hat die Naturkundliche Station der Stadt Linz hier einen Modellteich angelegt, welcher sich in der Kurve dieses Straßenzuges befindet. Unmittelbar hinter diesem Modellteich sind noch gut die Abhänge des ehemaligen Lehmabbaus erkennbar, bzw. ist hier der Eingang zu einem Stollen. Während der NS-Zeit wurden in ganz Linz weit verbreitete Stollensysteme zum Schutz vor Luftangriffen für die Bevölkerung errichtet, bzw. wurden alle Eisstollen ausgebaut.

Über die Pichlierstraße kommen wir zum Riesenhof. Hier wurden 1884 die zum Haus gehörigen Teiche zur ersten Schwimmanstalt Urfahrs ausgebaut und 1890 wurde eine Wasserheilanstalt – übrigens die erste Kneippanstalt Österreichs – errichtet. Das Oberösterreich erwarb 1925 den Besitz und verwendete ihn lange als Säuglingsheim. Heut befindet sich im neu errichteten Zubau die Sozialakademie des Landes, der Altbau wird von einer landwirtschaftlichen Fachschule genutzt. Wir fahren nun durch die Wischerstraße zum Doppelbauerweg. Dieser Weg, der nach dem Erbauer des Petrinums, Bischof Doppelbauer, benannt ist, fällt durch seine überdimensionale Breite auf. Diese prachtvolle Allee sollte die Auffahrt zum Petrinum werden, doch nach dem Ende des ersten Weltkriegs war es nicht mehr möglich, die ehrgeizigen Pläne auszuführen.

Am Nordende dieser Straße stehen wir vor einer Schrebergartenanlage, die in er ehemaligen Lehmgrube einer Dampfziegelei angelegt wurde. Bischof Doppelbauer wollte ein repräsentatives Diözesanknabenseminar errichten, um hier Knaben auf den Beruf als Priester vorzubereiten. Ursprünglich wollte Bischof Doppelbauer die Anstalt auf den alten Bahnhofgründen der Pferdeeisenbahn, heute Hinsenkampplatz, errichten. Die Gemeindevertretung sprach sich aber gegen diese Platzwahl aus. Zufällig stand um diese Zeit der Leisenhof zum Verkauf. Der Platz schien ideale Voraussetzungen für eine Anstalt zu haben, zumal man auch einen Großteil des benötigten Baumaterials auf eigenem Grund gewinnen konnte. Die 60 Joch große Landwirtschaft war für die künftige Versorgung der Seminaristen mit Lebensmitteln geradezu ideal. So wurde 1894 das Leisengut samt den benachbarten Holzingergütern erworben.

Zur Sicherung der Wasserversorgung wurde außerdem das etwas weiter den Pöstlingberg hinauf gelegene Gepolzbergergut samt dem Befestigungsturm Nr. 20 angekauft. Der Bau selbst wurde 1895 begonnen und dauerte bis Ende 1897. In unmittelbarer Nähe des Bauplatzes errichtete man die schon erwähnte Ziegelei, und am Abhang des Pöstlingbergs wurden Steine und Sand gewonnen und auf einer ein Kilometer langen Rollbahn zur Baustelle befördert. Das Gebäude wurde als ein geschlossenes Viert von 95 zu 85 Metern Ausdehnung mit beinahe 1000 Fenstern konzipiert. Am 2. Oktober 1897 begann im fertiggestellten Bau der Unterricht mit insgesamt 330 Schülern. Im September 1914, also gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges, musste das Haus für ein Militär-Reservespital freigemacht werden. Die Schule wurde nach Gleink und Schlierbach gelegt. Ständig waren es nun zwischen 500 und 1000 verwundete Soldaten im Petrinum. Für die im Haus und in der Stadt Urfahr verstorbenen Krieger wurde am Waldrand bei der ersten Kreuzwegstation ein eigener, heute noch bestehender Soldatenfriedhof angelegt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Petrinum dann wieder als Schule verwendet. 1938 musste der Schulbetrieb neuerlich eingestellt werden. Das Gebäude wurde beschlagnahmt, um darin verschiedene Behörden unterzubringen. Zuerst nahm die Deutsche Wehrmacht unter dem Kommando der 45. Division das Haus in Besitz.

Ab 1940 fanden sich hier einige Ämter der Landesverwaltung, das Landesarbeitsamt und nationalsozialistische Dienststellen. Im Zuge des von Hitler geplanten Ausbaus von Linz sollte auf dem Gelände des Petrinums eine großzügig angelegte technische Hochschule errichtet werden. Doch gelangten diese Pläne nicht mehr zur Ausführung. Zu Jahresbeginn 1945 kam ein Kriegslazarett ins Gebäude und blieb vorerst auch bis Kriegsende dort. Als Urfahr Anfang August von den Russen besetzt wurde, mussten die Verwundeten – etwa 800 – innerhalb von drei Stunden das Haus verlassen, um der neuen Besatzungsmacht Platz zu machen. Diese blieb bis Ende Juni 1946. Der normale Schulbetrieb begann dann wieder im Oktober 1946, doch das Gebäude war noch nicht zur Gänze verfügbar. Ungefähr ein Viertel der Räume wurde von der Gendarmerie und von einigen Klassen der Volksschule Karlhof beansprucht. Erst 1961, als die Karlhofschule fertiggestellt war, war das Haus dann wieder völlig frei für die Petriner. Im Lauf der Zeit wurde das Petrinum in seiner Eigenschaft als Gymnasium mit Internat besonders von Schülern vom Land geschätzt und bevorzugt. Inzwischen besuchen auch viele Linzer Kinder das Gymnasium und seit einigen Jahren ist es auch für Mädchen möglich, diese Schule zu besuchen. Kurz erwähnt sei auch noch, dass das Gebiet um das Petrinum, vor allem die Rote Villa Ecke Teistlergutstraße/Knabenseminarstraße, im Februar 1934 heftig umkämpft war.

Neugasse bis Hoppichlerstraße

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Neugasse bis Hoppichlerstraße

Wir fahren nun durch die Neugasse, Rosenstraße, Ottensheimerstraße zur Weberschule. Die Weberschule wurde 1913 nach den Plänen von Julius Schulte errichtet. Im Ersten Weltkrieg wurde die Schule als Lazarett verwendet, erst 1919 konnte der Schulbetrieb aufgenommen werden. Benannt ist die Weberschule nach den zahlreichen Webern, die hier in Heimarbeit für die Linzer Wollzeugfabrik gearbeitet hatten. Nach der Schließung der Wollzeugfabrik 150 ging die Zahl der Weber von 57 auf 9 zurück. Heute zählt die Weberschule zu den schönsten Schulbauten von Linz. Die Klassenzimmer sind für unsere heutigen Verhältnisse sicher großzügig, weil, als die Schule gebaut wurde, noch mit einer durchschnittlichen Schülerzahl von 80 pro Klasse gerechnet wurde.

Wir fahren nun durch die Schratzstraße wieder Richtung Rudolfstraße. Der aus Tirol stammende Johann Eugen Schratz besaß ein Bauunternehmen und führte im Gebiet südlich der Rudolfstraße besonders viele Bauten auf. Die Schratzstraße fällt heute durch ihre einmalige geschlossene klassizistische Verbauung auf.

Johann Eugen Schratz war auch im Gemeinderat tätig und erwarb sich vor allem um die Kanalisierung und die Wasserversorgung Urfahrs große Verdienste. Eine Büste von ihm schmückt die Fassade des Eckhauses Rudolfstraße/Schratzstraße. Parallel zur Schratzstraße verläuft die Gusshausgasse. Dieser Straßenzug war schon im 17. Jahrhundert besiedelt. 1875 entstand hier die Eisengießerei des Urfahrer Bürgers Anton Lange. Dieses gut gehende Unternehmen erzeugte unter anderem auch Dampfmaschinen und Fabrikseinrichtungen. Ende des 19. Jahrhunderts ging die Firma in den Besitz von Merlett & Posselt über. 1901 verlegte man sie nach Linz in die Nähe der Oberfeldstraße.

Wir fahren nun durch die Landgutstraße Richtung Bergbahnhof. Die Pöstlingbergbahn wurde Ende des 19. Jahrhunderts nach den Plänen von Josef Urbanski als eine der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt mit einer Maximalsteigung von 105 Promille errichtet. Die Bahn wurde zusammen mit der Linzer Pferdestraßenbahn von der Union Elektrizitätsgesellschaft Berlin elektrifiziert.

Machen wir noch einen kleinen Abstecher Richtung Mühlkreisbahn. Mit der Einstellung der Pferdeeisenbahn entbehrte Urfahr einer Bahnverbindung in das Mühlviertel. 1880 gab es verstärkt Bestrebungen, die auf eine Bahnlinie in das obere Mühlviertel mit einem Anschluss an den südböhmischen Raum abzielten. Nach verschiedenen Konkurrenzprojekten wurde vom Staat die Konzession für eine Linie von Urfahr über Ottensheim, Neufelden, Rohrbach nach Aigen erteilt. Der Bau der Mühlkreisbahn entsprach einerseits dem Interesse der Mühlviertler Leinenindustrie, vor allem in Haslach und Helfenberg, der Lederfabrik Pöschl in Rohrabch, als auch der Holzindustrie, und andererseits entsprach die Bahn den Interessen der Linzer Wirtschaft, die auf die Eroberung neuer Märkte erzielten. Die Bahn wurde im Jahre 1888 eröffnet. Die 57,5 km lange Strecke wurde damals in nicht ganz vier Stunden zurückgelegt. In den letzten Jahren hat die Mühlkreisbahn vor allem durch den Ruck-Zuck-Zug an Attraktivität stark zugenommen und ist ein Beispiel dafür, dass es sich sehr wohl lohnt, den öffentlichen Verkehr bedarfsgerecht auszubauen.

Durch den Hof des Ziegelwerks Rieseneder fahren wir Richtung Hoppichlerstraße. Die Firma Rieseneder war die einzige Ziegelei, die in Urfahr den Sprung zur Industrialisierung mit einem Ringofen um 1920 geschaffen hatte, und die bis in die Mitte unseres Jahrhunderts hier in Urfahr Lehm abbaute. Ursprünglich hatte es in Urfahr 5 Ziegeleien gegeben, die sich alle am Fuße des Pöstlingbergs befanden und hier Lehm abbauten. Doch darüber später noch mehr.

Zum Haus Rieseneder sein noch erwähnt, dass es das älteste in Urfahr erwähnte Haus ist. Bereits im Jahre 1111 wird es in einer Besitzbestätigungsurkunde des Passauer Bischofs für das Kloster St. Florian unter anderem aufgezählt als ein Zehent zu Meierstorf. Gemeint ist damit, dass in der Landgutstraße gelegene Stammgut, das Meier zu Meierstorf heißt und seit 1784 Sitz der Familie Rieseneder ist.

Wir überqueren den Spielplatz und kommen in die Hoppichlerstraße. In der Hoppichlerstraße östlich der Aubergstraße befindet sich ein Ensemble aus dem dreißiger Jahren, das durch seine Einheitlichkeit heute noch auffällt.

Wir fahren die Aubergstraße weiter nach Norden. Ecke Parzhoferstraße/Auhofstraße steht der ehemalige Auberghof. Seit 1659 gehörte der Hof dem Landesanwalt Auer von Gunzing und wurde 1586 zum Edelmannsitz zum Anwesen erhoben. Nicht nur landwirtschaftliche Gründe, sondern auch eine Brauerei gehörten zum Anwesen, doch wurde dieses 1809 in den napoleonischen Kriegen arg verwüstet und stellte 1878 ihren Betrieb gänzlich ein. Die ehemals ausgedehnten Kellergewölbe nutzte zuletzt die Weinfirma Naderer als Weinkeller. Dieses Haus war also namensgebend für die gesamte Konskriotionsortschaft Auberg.

Wildbergstraße bis Bernaschekplatz

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Wildbergstraße bis Bernaschekplatz

Wir fahren die Wildbergstraße entlang. Wir zweigen links in die Reindlstraße ab, vorher werfen wir aber noch einen kurzen Blick auf das aus der Linzer Musikschule hervorgegangene Brucknerkonservatorium das Landes Oberösterreich. 1868-70 wurde der Neubau nach den Plänen von Heinz Hattinger hier geschaffen. Vor dem Gebäude fällt der Springbrunnen (wird momentan restauriert) von Helmut Gsöllpointner aus dem Jahre 1969 ins Auge. Das Brucknerkonservatorium stellt ein wichtiges Element des Musiklebens in Oberösterreich dar.

In der Reindlstraße kommen wir nun zur Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung. Ein Teil dieser Hochschule ist in den Gebäuden der ehemaligen Ringbrotwerke untergebracht. Die Ringbrotwerke wurden 1917 von den zwei Urfahrer Bäckern Alois Neuhause und Franz Obermeyr gegründet. Bereits im Jahr 1920 wurden hier industriell 11.000 Laibe Brot täglich erzeugt.
Der Standort wurde damals vor allem auch deswegen gewählt, weil hier ein unmittelbarer Anschluss an die Mühlkreisbahn möglich war und somit Transportkosten gespart werden konnten. An die Brotherstellung erinnern nur mehr die zwei monumentalen Figuren auf dem Sims, die einen Brotlaib rollen.

Wenn wir nach rechts blicken, sehen wir das Lentia 2000. Es überragt ganz Urfahr und ganz Linz. Dieser Hochhauskomplex, der in den siebziger Jahren entstanden ist, entsprach den damaligen Vorstellungen von moderner Architektur. Inzwischen ist das Haus sanierungsbedürftig und es gibt große Schwierigkeiten zwischen Mietern, Besitzern und Wohnungsgesellschaft.

Wir verweilen noch kurz an der Ecke Reindlstraße/Gerstnerstraße und lassen unseren Blick über den alten Häuserbestand schweifen. Etwa um die Jahrhundertwende entstanden hier eine Reihe von Häusern für Bürger und Beamte. In ihrer Architektur und ihrem Stil unterscheiden sie sich ganz deutlich von den kleinen Handwerkhäusern, die es, wie anfangs erwähnt, an der Donau noch zu sehen gibt.

Wir fahren nun die Gerstnerstraße entlang Richtung Ferihumerstraße und kommen zum Bezirksgericht Urfahr. Dieses wurde 1909 nach Abbruch des schräg über den Hinsenkampplatz stehenden ehemaligen Stationsgebäudes der Pferdeeisenbahn bzw. – von 1880 bis 1897 – der Pferdetramway-Remise in den Formen der Neo-Renaissance errichtet. Mehr über die Pferdeeisenbahn siehe unter dem Kapitel „Südbahnhof“.

Wir fahren nun weiter Richtung Rudolfstraße und kommen zum alten Urfahrer Rathaus. 1850/51 wurde es nach einem Entwurf von Josef Baumgartner errichtet. 1911/13 wurde es in Jugendstilformen durch Julius Schulte umgestaltet.

Auffallend am Urfahrer Rathaus ist vor allem auch das Stadtwappen zwei Männer in einem Boot, um an die Überfuhr zu erinnern. Noch einige Worte zur Rudolfstraße: Im Katasterplan von 1826 findet man die Rudolfstraße bereits eingezeichnet. Ausgebaut wurde sie allerdings erst 20 Jahre später. Sie soll ja für die zu eng gewordene Ottensheimerstraße als Entlastung- und Umfahrungsstraße dienen, weswegen sie folgerichtig auch Neue Ottensheimerstraße genannt wurde. Sie führte weitgehend durch unverbautes Gebiet, denn der Neubau des Urfahrer Rathauses war im Jahre 1850 noch das letzte Haus dieser Straße. Erst in den sechziger Jahren wurde sie vom Urfahrer Baumeister Alexander Zsolnay zwar etwas einförmig, doch recht zügig ausgebaut. Ihren jetzigen Namen bekam die Rudolfstraße 1875 nach Kronprinz Rudolf. Von 1921 bis 1934 hieß sie allerdings Karl-Marx-Straße.

Dem Rathaus gegenüber liegt der Bernaschekplatz. Dieser Platz spiegelt wie kein zweiter anhand seiner Namen die politischen Verhältnisse der letzten hundert Jahre wider. Bis 1875 hieß er Neuer Marktplatz. Anschließend wurde er nach Kronprinz Rudolf in Rudolfsplatz umbenannt. Diesen Namen behielt er bis 1921. Nun folgte der Name Weigunyplatz nach dem in Urfahr geborenen Sozialdemokraten. 1934 bis 38 hieß er Strahembergplatz, benannt nach dem Heimwehrführer. Mit dem neuerlichem Wechsel der politischen Verhältnisse gab es wieder einen neuen Namen: Franz-Foisner-Platz nach dem 1936 erschossenen Nationalsozialisten. Seit 1945 gilt nun der Name Bernaschekplatz, benannt nach Richard Bernaschek, der im Februar 1934 das Signal zum Februaraufstand der Sozialdemokraten gegeben hatte. Richard Bernaschek wurde 1945 im KZ-Mauthausen hingerichtet. Aus diesem Grund wurde auch das Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Süden des Platzes im Bedenkjahr 1988 aufgestellt.

Im Südosten des Platzes steht das Verwaltungsgebäude der Großbrennerei, Rum- und Likörfabrik Spitz. Diese wurde 1857 vom Rohproduktenhändler Salomon Spitz aus Rosenberg in Böhmen gegründet. Der Betrieb wurde ebenso wie die anderen jüdischen Spirituosenfabriken enteignet und arisiert. 1952 erhielt die Familie Spitz ihr Eigentum zurück. Die Firma Spitz ist auch heute noch für ihre Produkte wie Säfte, Liköre und Senf bekannt. Der Jahresumsatz liegt bei eineinhalb Milliarden Schilling, die Erzeugung findet allerdings nicht mehr in Linz, sondern seit den fünfziger Jahren in Attnang-Puchheim statt.

Obere Donaustraße bis Wildbergstraße

Rundgang: Historische Rundfahrt durch Urfahr

Obere Donaustraße bis Wildbergstraße

Wenn man auf dem Donauradweg von Ottensheim nach Linz fährt, kommt man zunächst durch die Unterführung in die Obere Donaustraße. Hier liegt Linz tatsächlich noch an der Donau, hier wirkt Linz sehr idyllisch. Man glaubt, in eine andere Zeit versetzt zu sein. Kleine Häuschen stehen neben modernen Bauten aus dem 20. Jahrhundert, idyllische Gärten wechseln mit einladenden Gasthöfen ab. Hier an der Donau war eines der ältesten Zentren von Urfahr.

Am Steinmetzplatz war vor allem das Kleingewerbe zuhause. So gab es in Urfahr ohne die anderen Konskriptionsortschaften im Jahr 1908 drei Milchhandlungen, 16 Bäckereien, 48 Flaschenbierhandlungen, 15 Fleischhauer, 33 Gasthöfe, 81 Gemischtwarenhandlungen und 39 Schuhmacher.

Wir fahren nun mit unseren Rädern weiter, lassen den Fitzcarraldo, ein beliebtes Ausflugsschiff, rechts liegen und fahren zunächst durch die Fischergasse zum Schiffmeisterhaus. Das Schiffmeisterhaus ist eines der schönsten erhaltenen Sgraffitohäuser, die es in Linz zu sehen gibt, und erinnert ab die Bedeutung der Schiffmeister, die die Überfuhr betrieben und somit eine geachtete Position hatten. Wir fahren nun wieder donauwärts, und zwar unter der Nibelungenbrücke durch zur Urfahrer Stadtpfarrkirche.

Diese wurde vor gut 300 Jahren als Kapuzinerkloster gegründet. Im Zuge der Josephinischen Reformen wurde dieses Kloster aufgehoben und zur Pfarrkirche umgewandelt. Im alten Teil des Pfarrhofes war auch lange Zeit die Schule untergebracht. Unter katastrophalen Bedingungen mussten damals 190 Kinder in der 1. Klasse den Platz miteinander teilen. Erst Adalbert Stifter erreichte in seiner Funktion als Schulinspektor ein Darlehen vom Land OÖ für den Bau eines eigenen Schulhauses. Von diesem Schulhaus steht nichts mehr, es fiel den modernen Umbauten am Urfahrer Brückenkopf zum Opfer.

Unterhalb der Kirche beginnt das Jahrmarktgelände. Der Platz, der die meiste Zeit des Jahres als Parkplatz verwendet wird, dient zweimal jährlich zur Abhaltung des berühmten Urfahrer Jahrmarktes.

Wir fahren nun die Wildbergstraße hinauf und sehen hier, Ecke Ferihumerstraße/Wildbergerstraße, die neu erbaute Siedlung auf dem Gelände der ehemaligen Hefefabrik Kirchmeir. Ursprünglich hatte der bürgerliche Schiffmeister, Brennholz- und Salzhändler Johann Michael Fink den Gstöttnerhof in Unterfelbern Nr. 3 in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts erworben. Fink errichtete hier eine Spiritus- und Presshefefabrik. Seine Erben verkauften die Anlagen an Josef Kirchmeir, der schon im Hörschingergut in der Freistädterstraße Nr. 8 mit drei oder vier Arbeitern eine kleine Branntweinbrennerei betrieben hatten. Mitte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts erzeugten 24 Beschäftigte, ausschließlich Männer, knapp 3.000 hl Spiritus und fast 90.000 kg Hefe. Schon damals standen moderne Maschinen, darunter 4 Dampfkessel und 6 Dampfpumpen zur Verfügung. Zwei Dampfmaschinen, die zusammen 20 PS Leistung erbrachten, verbrauchten jährlich rund 1320 t Kohle.

Nach dem Tod Josef Kirchmeirs 1891 erwarben Ludwig Ritter von Piccioni und Heinrich Mostny sämtliche zur Fabriksanlage zählenden Grundstücke. Der Betrieb wurde erweitert und ausgebaut. Mitte der neunziger Jahre reihte man Kirchmeir & Sohn mit einer Jahresproduktion von 5186 Hektoliter Alkohol als achtgrößten Betrieb innerhalb der gesamten Monarchie. Diese Erweiterung ist im Zusammenhang der Fusionierung mit dem Betrieb der Gebrüder Feigl, die ihren Betrieb in der Rudolfstraße wegen Bürgerprotesten aufgeben mussten, zu sehen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Urfahr zu einem Zentrum jüdischer Branntweinproduktion.

Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich der größte Teil der Branntweinbrennerei im Besitz und im Betrieb des herrschaftlichen Grundbesitzes. Die Tätigkeit übten fast ausschließlich jüdische Gewerbetreibende aus, da es Christen lange Zeit verboten war, diese teuflischen Getränke herzustellen. Die Pächter waren außerdem überwiegend Juden, weil die bäuerliche Bevölkerung den zumeist hohen Pachtzins nicht bezahlen konnte. Unmittelbar nach der Kundmachung der neuen Verfassung im Jahre 1849, die unter anderem jedermann die Freizügigkeit der Person, den Erwerb von Liegenschaften und die Ausübung jedes gesetzlich erlaubten Erwerbszweiges gewährte, setzte eine jüdische Binnenwanderung von den alten, überwiegend nach den stärker industrialisierten deutschsprachigen Regionen im Westen und im Donauraum ein.
Zu den ersten Einwanderern zählte der spätere Bethausvorstand Moises Feigl. Er erwarb zunächst das Haus Ecke Kreuzstraße/Ottensheimerstraße, um hier eine Spirituserzeugung unterzubringen. Später übersiedelte er in die Rudolfstraße, doch auch hier – mitten im dicht verbauten Gebiet – musste er wegen immer stärker werdender Anrainerproteste abwandern. Doch Moises Feigl war nicht der einzige, es folgten Israel Veit-Fürth, später auch Leopold Mostny, Michael Fink und Comp., Löw&Adler, Gustav Töpfer, Moritz und Bernhard Taussig in Urfahr sowie Hahn&Kajka, Wilhelm Kantorek, Bernhard Kesselflicker in Linz. Sie waren die bekanntesten jüdischen Spirituosenhersteller.

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